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Conbericht

von Smarty, der den Wärter spielte

Ursprünglich im Blog von Greifenklaue veröffentlicht

Ein tief verschneites Landhaus inmitten der Mecklenburgischen Provinz. Ein Haus voller Geisteskranker aus allen Schichten, Mörder, Kleptomanen, Schizophrene, Paranoide, Gewalttätige, Schwermütige, sexuell Abartige, Perverse und Kommunisten. Eine Belegschaft erstklassiger Ärzte und Pfleger, welche die Patienten nach den neuesten Methoden behandelt – und die keinen Ungehorsam duldet. Klare Regeln. Handlungen – Konsequenzen. Kein Widerspruch. Hydrotherapie, Tranquilizerstuhl, Elektrokrampftherapie, Hypnose, Gesprächs-, Mal und Gestaltungstherapie, Medikamente, Knüppel, Gehirnoperation. Ein schreckliches Geheimnis, das über dem Haus liegt. Gellende Schreie der Irren, die durch das Haus schallen. Unerklärliche Vorgänge, feuchte Fußspuren auf den Fluren, gespenstische Gestalten. Und nach und nach gerät alles außer Kontrolle. Klingt gruselig? Ist es auch. Willkommen im Sanatorium Sieben Eichen.

Das LARP ist gerade vorbei, und ich bin immer noch begeistert. Das Wort das den Con am besten beschreibt ist denke ich das Wort „liebevoll“. Die Location war ein altes, verwinkeltes Herrenhaus, das mit viel Liebe zum Detail als Sanatorium ausstaffiert wurde. Bilder der Legenden der Psychiatrie an den Wänden, Approbationsurkunden in Bilderrahmen. Behandlungszimmer mit furchteinflößenden Instrumenten, vom Fixierungsstuhl (samt Grammphon für die beruhigende Musik für den Gefesselten + Kapuze) über Medikamente bis hin zur Elektroschockliege – die Ausstattung war aufwändig und sehr stimmungsvoll. Die NSC-Besatzung bestand im Wesentlichen aus den Ärzten und dem Küchenpersonal, die durchweg überzeugend ihre Rollen spielten und immer (oder doch meistens) den Eindruck erweckten, sie wüssten, was sie tun. Die Spukerscheinungen waren durchweg gut gemacht und an keiner Stelle unfreiwillig komisch.

Der Ablauf war gut durchdacht – ein straffer Zeitplan aus Essen, Therapie, Leibesertüchtigung und „Gesellschaft“. Der Plot war sehr auf die Teilnehmer abgestimmt – die Hintergrundgeschichte eines jeden Teilnehmers wurde berücksichtigt. Es gab umfangreiche Patientenakten, und die individuellen Hintergründe der SCs wurden berücksichtigt, jeder bekam (oder sollte bekommen) seine „Therapie“.

Das Essen war ambientegerecht und im Allgemeinen genießbar bis wirklich lecker – natürlich je nachdem ob man einen „Armenplatz“ ergattert hatte oder einer der zahlenden Gäste des Sanatoriums war.

Das Niveau der Spieler war durchweg hoch – es ist zumindest mir niemand negativ aufgefallen, und es gab eine Reihe von SCs, bei denen mir die Qualität der Kleidung/Ausstattung und die Qualität des Spiels sehr positiv aufgefallen sind. Eigentlich alle Charaktere waren durchweg glaubhaft und mit vielen Details dargestellt. Positiv empfand ich, dass es keine stereotypen „Comedy-Bekloppten“ gab – die Charaktere waren großteils mit nuancierten und stimmigen „Störungen“ kleineren oder größeren Ausmaßes ausgestattet. Das ging vom Unternehmer mit Angstzuständen bis hin zur ruhigen Schwangeren, die überzeugt war das Kind des Satans auszutragen, das nur Menschenfleisch essen kann. Der Plot endete schneller als gedacht – die Situation eskalierte bereits am Samstagnachmittag, weswegen dann schon gegen Samstagnachmittag OT gegangen wurde. Das war aber auch OK, da es nochmal allen Mitspielern die Gelegenheit gab, Samstagabend OT zu feiern und Geschichten auszutauschen.

Meiner Meinung nach war es ein sehr guter kleiner aber feiner Con. Aufgrund seiner Intensität sicherlich kein Con für jedermann, aber wer die Bereitschaft mitbrachte, sich auf das Setting einzulassen und auch wirklich zu bespielen, der konnte tolle Erlebnisse und Erfahrungen mitnehmen.

Fazit: Kleiner, aber feiner sehr liebevoll gestalteter, gut organisierter intensiver Horror-Con mit hohem Spielerniveau. Uneingeschränkte Empfehlung für erfahrene Spieler.

Smarty